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Die Macht der intrinsischen Motivation

Von am Aug 14, 2016 in Menschen

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Die Motivation bezeichnet das auf emotionaler und neuronaler Aktivität beruhende Streben jedes Einzelnen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Dies waren zu den Anfängen der Menschheit hauptsächlich biologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder die Fortpflanzung, welche uns zu unseren Aktivitäten motivierten. Nennen wir diese Triebe die „Animalische Motivation“. Durch die Entwicklung von komplexeren Gesellschaften im Verlaufe der Zeit, wurden die Menschen mehr als eine Ansammlung von biologischen Trieben, obwohl diese nach wie vor ein Teil unserer Motivation sind. Die Evolution der Menschheit ermöglichte es uns und gesellschaftliche Konventionen zwangen uns diese zu kontrollieren und zivilisiert miteinander umzugehen (weitestgehend).

Als Folge dieser Weiterentwicklung entstand eine neue Motivationskultur, welche uns motivierte nach Belohnung zu streben und Strafen zu vermeiden, das sogenannte Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip. Dabei handelt es sich um äussere Motivationseinflüsse. Auch Tiere reagieren auf Belohnung und Strafen, doch nur der Mensch hat sich als fähig erwiesen, diesen Antrieb so zu steuern, dass vom Vertragsrecht bis hin zu Nachbarschaftsläden alles Mögliche daraus entwickelt wurde.

Diese Motivationskultur dominiert unsere Gesellschaft seit vielen Jahrzehnten und ist allen Bereichen unseres Lebens verankert. Sei dies bei der Erziehung der Kinder, in der Schule oder Ausbildung, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder in der Arbeitswelt. Wir werden seit jeher nach diesem Muster erzogen.

 

Quelle: DRIVE von Daniel H. Pink

DRIVE von Daniel H. Pink

Diese Zusammenfassung zum Thema intrinsische Motivation wurde vom Werk DRIVE von Daniel H. Pink erstellt. Das Buch zeigt auf eindrückliche Art und Weise auf, welche Probleme mit Zuckerbrot-und-Peitsche entstehen und wie wir wirklich funktionieren.

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Was ist intrinsische Motivation

Nebst den inneren, animalischen Trieben und der äusseren Motivation durch Belohnung und Bestrafung wurde durch Harry F. Harlow, ein Psychologieprofessor an der Universität von Wisconsin, bereits 1949 ein dritter Antrieb entdeckt, welche ebenfalls vom Inneren kommt und nicht durch die bereits bekannten animalischen Triebe gesteuert wird.

Die Forscher entwickelten für ein zweiwöchiges Lern-Experiment ein einfaches, mechanisches Puzzle. Um es zu lösen, bedurfte es dreier einfacher Schritte. Insgesamt wurden 8 Rhesusaffen mit dem Puzzle konfrontiert und erforscht, wie schnell die Affen das Puzzle erlernen. Die Forscher legten die Puzzles in die Käfige, um zu beobachten, wie die Tiere reagierten und um sie auf den Test vorzubereiten. Ohne äusseren Anlass begannen die Affen konzentriert und entschlossen mit den Puzzles zu spiele und erweckten sogar den Anschein, dass ihnen dies Vergnügen bereitete.

Die Ausführung der Aufgabe erfüllte die Tiere mit intrinsischer Belohnung. Sie lösten die Aufgabe aus dem einfachen Grund, da die Aufgabe befriedigend war, genossen es und hatten Spass. Die Freude war Belohnung genug.

Obwohl die intrinsische Motivation seit über 50 Jahre bekannt und bewiesen ist, wird diese immer noch nicht in der Anwendung von Motivationstheorien in unserer Gesellschaft berücksichtigt.

 

Zuckerbrot-und-Peitsche vs. Intrinsischer Motivation

Im Gegensatz zum Taylorismus vertritt Harlow die Ansicht, dass der Mensch von Grund auf motiviert ist und einen inneren Antrieb hat, zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen. Natürlich darf man die Gesellschaft zu Zeiten des Taylorismus im frühen 19. Jahrhundert nicht mit der heutigen Zeit vergleichen. Doch dominieren in vielen Bereichen unseres Lebens immer noch die Theorien von Taylor. In der heutigen Zeit des „self-actualizing man“ und „complex man“ können diese Theorien aber negative Effekte haben.

 

Systematische Zerstörung von dem was wir wollen

 

Intrinsische Motivation

Belohnungen können eine seltsame Art von Verhaltens-Alchemie bewirken. Sie können eine interessante Aufgabe zur Schufterei oder Spiel zu Arbeit verwandeln (siehe auch „Sawyer-Effekt) und vermindern dadurch ebenfalls Leistung, Kreativität und sogar aufrichtiges Verhalten. Dies wurde mittels verschiedenen Studien bewiesen und bereits 1978 durch den Psychologen Mark Lepper mit dem wissenschaftlichen Buch „The Hidden Costs of Reward“ dokumentiert.

In einer Studie von Mark Lepper beobachtete der Wissenschaftler einige Tage lang Kinder in einer Vorschule. Dabei stellte er fest, dass viele Kinder die freie Spielzeit mit Zeichnen verbrachten. Er erstellt ein Experiment, bei welchem er die Kinder in drei Gruppen teilte. Der ersten Gruppe zeigte der Wissenschaftler eine Urkunde, welche die Kinder nach Abgabe einer Zeichnung erhalten sollten. Der zweiten Gruppe zeigte er die Urkunde nicht, jedoch erhielten auch in dieser Gruppe alle Kinder eine Urkunde, sofern sie eine Zeichnung nach der freien Spielzeit abgaben. Die dritte Gruppe erhielt keine Urkunde. Zwei Wochen nach dem Experiment beobachteten der Wissenschaftler, dass in der zweiten und dritten Gruppe immer noch gleich viel Kinder sich in der freien Spielzeit mit Zeichnen beschäftigen. Bei der ersten Gruppe wurde aber ein signifikanter Rückgang festgestellt. Spiel wurde in Arbeit verwandelt.

Mark Lepper, David Greene und Robert Nisbett, Undermining Children’s Intrinsic Interest with Extrinsic Rewards: A Test of the ‚Overjustification’ Hypothesis, Journal of Personality and Social Psychology 28, Nr. 1 (1973)

 

Höchstleistung

Bei einer Studie im Auftrag der US-Notenbank entdeckten Wirtschaftswissenschaftler vom MIT und der University of Chicago, dass finanzielle Belohnung einen negativen Einfluss auf die Leistung haben kann. Auch Wissenschaftler der London School of Econommics and Political Science haben mittels 51 Studien über Provisionsmodelle diverser Firmen aufgezeigt, dass der finanzielle Anreiz eine negative Auswirkung haben kann. Man kann also nicht davon ausgehen, dass durch eine höhere Entlohnung oder Belohnung auch die Leistung steigt.

LSE:  When Performance-Related Pay Backfires, Financial, 25. Juni 2009 (http://www.lse.ac.uk/newsAndMedia/news/archives/2009/06/performancepay.aspx)

 

Kreativität

Weiter konnte mittels diverser Studien bewiesen werden, dass extrinsische Einflüsse auch einen negativen Einfluss auf die Kreativität des Arbeitenden haben kann. So sollen diese die Kreativität vernebeln und abstumpfen, da die Einflüsse den Druck erhöhen und verhindern, dass wir mit Leichtigkeit und Freude an die Aufgabe gehen. Extrinsische Motivationseinflüsse können helfen schnelle und direkte Lösungen zu finden, den Blick nach vorne zu richten. Für kreative Arbeiten sind sie aber schädlich.

Bei einer Studie von Teresa Amabile, Professorin der Harvard Business School, wurden Arbeiten von freischaffenden Künstler auf die Qualität und Kreativität von einer unabhängigen Expertengruppe untersucht. Beim Ergebnis kam heraus, dass sich die Arbeiten, welche im Auftragsverhältnis erstellt wurden, signifikant zu den Arbeiten, welche die Künstler aus Eigenantrieb erstellten, unterschieden.

 

Gutes Benehmen

Extrinsische Einflüsse können auch dazu führen, dass wir gute Taten und unser gutes Benehmen über Board werfen. Eine selbstlose Handlung wie z.B. das Spenden von Blut fühlt sich für den Spender plötzlich nicht mehr so gut an, wenn er für seine Tat finanziell oder anderweitig belohnt wird. Die intrinsische Belohnung des guten Gefühls für die gute Tat wird dadurch zerstört.

Extrinsische Einflüsse sind per se etwas Schlechtes, doch können sie die nachhaltigere intrinsische Motivation abstumpfen, welche nach Selbstbestimmung und Sinnerfüllung sinnt.

 

Systematische Förderung von dem was wir nicht wollen

 

Unethisches Verhalten

Nebst dem Effekt, dass extrinsische Einflüsse positive Verhaltensweisen verhindern, haben Sie auch den Effekt, dass sie Verhaltensweisen fördern, welche wir eher verhindern wollen. So zu beobachten bei Zielsetzungen von aussen im Zusammenhang mit einer Belohnung oder Bestrafung. Dadurch wurde beobachtet, dass jeweils der direkteste Weg durch den Mitarbeiter gesucht wird, um das Ziel zu erfüllen. Unabhängig davon, ob die Zielerreichung überhaupt sinnvoll oder effizient ist. Zielsetzungen engen den Fokus ein und führen dazu, dass sich Mitarbeiter im Sinne der Zielerreichung unethisch verhalten (z.B. unnötige Reparaturen, Quantität vor Qualität).

Das umgekehrte Verhalten kann bei Zielsetzungen beobachtet werden, welche sich der Mitarbeiter selbst setzt. Hier sind die Arbeit und das Resultat der Arbeit die Belohnung (Wissen aneignen, zufriedener Kunde) und es bedarf keiner Abkürzung zur Erreichung der Ziele.

 

Abhängigkeit

Eine Belohnung für eine Arbeit lässt vermuten, dass die Arbeit lästig ist. Die Belohnung dient sozusagen als Schmerzensgeld. Jedoch führt diese auch dazu, dass bei einer erneuten Durchführung der Arbeit mindestens die gleiche Belohnung erwartet wird. Der Grundsatz der Abhängigkeit ist gegeben. Schlimmer noch: Die Belohnung wird sich über die Zeit als Status-Quo etablieren und nicht mehr als Motivation dienen, was dazu führt immer höhere Belohnungen auszuschütten.

Anton Suvorov, Addiction to Rewards (http://www.nes.ru/public-presentations/suvorov_js-08-12-03.pdf)

 

Kurzzeitdenken

Die Fixierung auf eine Belohnung kann die Langzeitleistung beeinträchtigen. Beispiele dafür gibt es in unserer Gesellschaft genügend. Wir rauchen Zigaretten, sind uns aber des Langzeiteffekt bewusst. Einbrecher stehlen, obwohl sie sich der Konsequenzen im Klaren sind. Auch in der Wirtschaft werden immer wieder unvernünftige Entscheidungen getroffen um kurzfristige Ziele (z.B. Umsatzziele, Kursgewinne) zu erreichen, trotz des Bewusstseins, dass diese Entscheidungen langfristig schadhaft sind.

 

Zuckerbrot-und-Peitsche kann aber auch funktionieren

Man könnte meinen, dass das bisherige Modell nur schlechte Seiten hat, dem ist aber nicht so. Die Wirkung von intrinsische und extrinsischen Einflüssen sind unterschiedlich und müssen im jeweiligen Kontext der Arbeit und des Menschen betrachtet werden. Die beschriebene Problematik trifft hauptsächlich auf Arbeitsumgebungen und Menschen in den Bereichen der Wissensarbeit zu, welche in unserer heutigen Gesellschaft einen immer wichtigeren Stand einnimmt. Dank der immer weiteren Technologisierung unserer Gesellschaft, gehören logarithmische Arbeiten immer mehr der Vergangenheit an. Bei diesen Routinearbeiten, lassen sich nur sehr schwer intrinsische Motivationen wecken, weshalb die Motivation durch extrinsische Einflüsse anbietet. Trotzdem lassen sich die negativen Effekte nicht von der Hand weisen.

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